Auch wenn der Hüttinger Hof nicht unter Denkmalschutz steht, legen wir bei seiner Instandsetzung großen Wert auf die Würdigung der alten, ortstypischen Baukultur und der traditionellen Handwerkskunst. Daneben ist uns Nachhaltigkeit ein besonderes Anliegen. Am Beispiel der Fenster lässt sich veranschaulichen, wie diese Prinzipien unsere Entscheidungen beeinflussen.
Fenster bilden ein wichtiges Gestaltungselement der Hausfassade. In unserer Region wurden früher üblicherweise zweiflüglige Sprossenfenster aus Holz verbaut. Als nachwachsender Rohstoff genügt Holz prinzipiell unseren ökologischen Ansprüchen an die Materialauswahl. Allerdings gilt dies nicht für jedes Holz gleichermaßen.
Meranti beispielsweise, Tropenholz aus Südostasien, ist aufgrund seiner Dichte zwar langlebig, gilt aber als die klimaschädlichste Holzart. Abgesehen von den weiten Transportwegen ist davon auszugehen, dass es zum größten Teil aus illegalem Einschlag von Regenwäldern stammt. Durch diese illegale Abholzung kann es hierzulande zwar kostengünstig verkauft werden, doch der Schein trügt. Der eigentliche Preis wird dabei von der Natur und der Tierwelt gezahlt, denn durch den Schwund der Regenwälder geht wertvoller Lebensraum für seltene Tierarten und Pflanzen verloren und sensible Torfmoorwälder werden zerstört, denen eine hohe Bedeutung für die Speicherung von Treibhausgasen zukommt.
Für die Renovierung unserer Hofanlage folgt daraus, dass der Einsatz von Tropenholz für die Neuanfertigung der Fenster nicht in Frage kommt. Aufgrund seiner Langlebigkeit haben wir uns stattdessen für hochwertiges Eichenholz entschieden. Um die Transportwege so kurz wie möglich zu halten, beziehen wir diese Eiche aus heimischen Wäldern.
Da wir die Fenster nicht selbst anfertigen können, sind wir auf die Zusammenarbeit mit einer Schreinerei angewiesen. Auch im Umgang mit anderen legen wir großen Wert auf ein von Wertschätzung getragenes Miteinander. Wir freuen uns riesig, ganz in der Nähe eine Holzmanufaktur mit viel Liebe zum Altbau gefunden zu haben, in der überdies handwerkliche Tugenden gelebt werden. In einer Zeit, in der das Handwerk vielerorts mit Vorurteilen behaftet ist, wenn etwa von Pfusch am Bau oder Unpünktlichkeit die Rede ist, möchten wir im Folgenden entlang eines positiven Beispiels zeigen, dass und vor allem wie die Zusammenarbeit mit Handwerksbetrieben für alle Beteiligten zufriedenstellend gelingen kann.







Ein gutes Gefühl entstand bei uns bereits in dem Moment, als wir die Schreinerei zum ersten Mal betraten. In dieser Werkstatt scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Schwere Maschinen aus den 1970er/1980er Jahren verrichten darin noch immer ihren Dienst. Der Geruch von Farbe und Zigarettenrauch liegt in der Luft, viele der Oberflächen sind mit Holzstaub bedeckt. Es herrscht eine entspannte und zugleich lebensfrohe Atmosphäre.
In jedem Raum finden sich Schraubzwingen und allerlei anderes, altes Werkzeug. Der Schreinermeister weiß über so viele Dinge, die wir bestaunen, Geschichten zu erzählen. Da ist zum Beispiel der alte Schraubstock, an dem die Zeit merklich ihre Spuren hinterlassen hat, der aber noch perfekt intakt ist. Vor vielen Jahren hatte eine Familie, vom Hunger getrieben, zu Fuß um die dreißig Kilometer zurückgelegt, einen Amboss und diesen Schraubstock auf einem Bollerwagen hinter sich herziehend. Die Familie machte an der Schreinerei halt und tauschte die beiden Werkzeuge gegen zwei Sack voll Kartoffeln. „Niemals“ unterstreicht der Schreinermeister, „könnte ich diesen Schraubstock hergeben.“
Als unsere Blicke über den Werkstattboden schweifen, erinnert er sich außerdem daran, wie viele Füße von inzwischen verstorbenen Menschen darüber gelaufen sind, wie viele Handwerker über die Jahrzehnte darauf ihre Arbeit verrichtet haben. Dort wo die schweren Maschinen stehen, besteht der Werkstattboden aus Beton. In den anderen Arbeitsbereichen wurden überwiegend Holzdielen verlegt, denn darauf lässt es sich viel angenehmer gehen, da Füße und Gelenke durch die Schwingungen des Holzes beim darüber Laufen geschont werden.






Doch nicht bloß wir scheinen eine Begeisterung für diese Schreinerei in uns zu tragen, sondern auch der Schreinermeister für unser ökologisches Bauvorhaben. Er teilt unsere Liebe für den Altbau und hat sich in seiner Arbeit darauf spezialisiert, der in ihrer ursprünglichen Bauweise nachempfundene Fenster und Türen herzustellen. Nachdem wir ihm erzählt hatten, dass wir der Umwelt zuliebe auf Meranti verzichten und stattdessen heimische Eiche verwenden möchten, entschied er wiederum, uns das regionale Holz ohne preislichen Aufschlag weiter zu verkaufen. Diese Großzügigkeit macht für uns einen bedeutsamen Unterschied, da Eiche im Einkauf aktuell um die zehn bis fünfzehn Prozent teurer ist als Tropenholz und Handwerksbetriebe üblicherweise prozentual am Weiterverkauf des Materials verdienen.
Überhaupt erschien uns das Angebot des Schreinermeisters fair und der zwischenmenschliche Umgang so herzlich, dass wir beschlossen, den Preis nicht weiter nach unten zu verhandeln. Als wir dann, ohne danach zu fragen, weitere zwei Prozent Skonto angeboten bekamen, fühlten wir uns in dieser Entscheidung bestärkt und freuten uns selbstverständlich riesig.
Voller Vorfreude blicken wir also auf die anstehende Zusammenarbeit. Wir sind uns sicher, dass das Ergebnis unsere Erwartungen übertreffen wird. In dieser Schreinerei wirkt offensichtlich noch ein altes, vielerorts verloren geglaubtes Ethos des Handwerks: das Bestreben, etwas um seiner selbst willen gut zu machen. Diese Handwerksstätte beweist folglich, dass man sie noch finden kann, die traditionellen Tugenden des Handwerks. Zugleich erinnert sie daran, dass wir alle dazu beitragen können, diese Tugenden zu bewahren – durch jede Entscheidung, die wir treffen, wann immer wir handwerkliche Leistungen in Auftrag geben und/oder sie umsetzen.

